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  • Charles Ahlefeld (li.) ist einer der letzten Kürschner im Kammerbezirk. Seine Meisterprüfung hat er 1975 abgelegt. Karin Preißler, 1944 geboren, ist seit 1965 Damenschneidermeisterin und Dieter Mohr, die Chemnitzer Augenoptikerlegende, der schon 1966 mit selbst konstruierten Maschinen Kontaktlinsen herstellte.

Ehre für die, die unser Land gebaut haben

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Das Foto erzählt schon die halbe Geschichte: Drei Menschen, drei Urkunden, drei Leben voller Arbeit, Geduld und Stolz. Karin Preißler, die Damenschneiderin. Charles Ahlefeld, der Kürschner. Dietrich Mohr, die Augenoptiker. Sie lächeln in die Kamera, als hielten sie nicht bloß Papier in den Händen, sondern ganze Jahrzehnte – aufgeschrieben in Schweiß, Fleiß und Berufsehre. 60 Jahre, 50 Jahre, ein Leben lang Handwerk.

Eine Feier der Meisterstücke

Am 21. Oktober trafen sich knapp 100 Altmeisterinnen und Altmeister in der Stadthalle Limbach-Oberfrohna. Die Handwerkskammer Chemnitz ehrte sie mit Goldenen, Diamantenen und sogar Platin-Meisterbriefen – für 50, 60 oder 70 Jahre Meisterschaft. Insgesamt sind es 127 Menschen, die 2025 diese Auszeichnung erhalten. Nicht alle konnten kommen, doch jeder einzelne von ihnen steht für ein Stück Geschichte: für das, was Sachsen stark gemacht hat – und Chemnitz zur Stadt der Macher.

Gold, Diamant, Platin – Auszeichnungen mit Gewicht

„Sie haben den Grundstein gelegt, dass das Handwerk in unserer Region heute so vielfältig und hoch angesehen ist“, sagt Kammerpräsident Frank Wagner. Und er erinnert daran, was diese Generation alles durchlebt hat: die DDR-Planwirtschaft, den Fall der Mauer, den Sprung in die Marktwirtschaft. Wer damals durchhielt, musste nicht nur arbeiten können, sondern auch glauben – an sich, an sein Handwerk, an den nächsten Tag.

So wie Johannes Günther, geboren 1933, Spielzeugmacher aus Seiffen. Noch immer steht er in der Werkstatt, zwischen Spänen und Farbeimern, als wäre die Zeit stehen geblieben. Oder Günter Vieweg aus Hartmannsdorf, Mechanikermeister seit 1955, der im Familienbetrieb an Schreibmaschinen schraubt, während draußen die Welt digital wird. Und da ist Karin Preißler, Damenschneidermeisterin aus Chemnitz, die auch nach 60 Jahren noch Nadel und Faden führt – mit derselben Präzision wie am ersten Tag.

Die Bewahrer seltener Künste

Neben den Klassikern wie Tischlern und Bäckern sind es gerade die seltenen Gewerke, die staunen lassen: Eine Positivretuscheurmeisterin aus Plauen, die einst Werbefotos mit feinstem Pinsel nachbearbeitete, als Photoshop noch Zukunftsmusik war. Ein Büchsenmacher in Chemnitz, der letzte seiner Zunft in der Region. Ein Stellmacher aus Waldenburg, der für historische Feuerwehrwagen neue Holzräder baut – Kunsthandwerk mit Herz und Geschichte.

Goldener Boden – auch heute noch?

Frank Wagner glaubt fest daran: „Handwerk hat immer noch goldenen Boden – wenn man seinen Beruf liebt.“ Ja, es gibt Bürokratie, Kosten, Nachwuchssorgen. Doch es gibt auch Leidenschaft, Erfindergeist, Sinn für Qualität. Und das sind Dinge, die keine Maschine ersetzen kann.  Wer die Urkunden in den Händen dieser Altmeister sieht, spürt: Hier wird nicht nur Tradition gefeiert, sondern Zukunft bewahrt. Denn ohne das Fundament dieser Generation stünde kein Dach, kein Tisch, kein Kleid – und kein Vertrauen in das, was „handgemacht“ wirklich bedeutet.

Ein Applaus, der nachhallt

Und als in Limbach-Oberfrohna die Hände klatschten, dann klangt es nach mehr als bloßer Anerkennung. Es klang nach Dankbarkeit. Nach Respekt. Nach dem Wissen, dass Können vergeht – wenn man es nicht weitergibt.  Das Foto vom Anfang erzählt also nicht nur von drei geehrten Menschen. Es erzählt von 127 Geschichten. Von Sachsen. Vom Handwerk. Und von der stillen Wahrheit, dass Gold und Diamant am schönsten glänzen, wenn sie von Arbeit kommen.